Donnerstag, 28. Juni 2007

Und noch mehr Geduld

Was sich seit Pfingsten auf der Baustelle ergab, ist schwieriger zu beschreiben als das RosaRiesenStück. Im Januar traten wir mit der klar formulierten Vorgabe an, einen Neubau nicht auszuschließen. Dann kamen die Diagnosetage, das Häusle nahm uns mit seinem nicht zu verleugnenden Charme in seinen Bann. Als die Schädlinge auftauchten, war die Frage nur noch, ob man die Treppe retten kann.

Aus Gründen, die nicht in der Öffentlichkeit erwähnt werden müssen, gab es einen Architektenwechsel. Der neue Architekt war bis nach den Pfingstferien mit anderen Projekten in Beschlag genommen, dann begann er, sich mit seinem Team einzuarbeiten. In dieser Phase, kaum tat das Telefon wieder, rief eines Abends ein verdienstvoller Verwandter mit Bauerfahrung an und nahm Bau(m)herrin in die Pflicht. Er erinnerte an die entscheidenden Grundsätze, die man ganz unemotional berücksichtigen sollte, wenn man baut. Unemotional...

... schlaflose Nächte, in denen wir uns vorstellten, das im geplanten Umfang renovierte Häusle würde uns in fünf Jahren zum Verkauf angeboten. Eigentlich eine leichte Übung, nachdem wir jahrelang Häuser angeschaut und beurteilt hatten. Eigentlich. Das Unemotionale war wohl die Schwierigkeit.

Der neue Architekt mochte das Häusle auch auf Anhieb. Als wir die aus schlaflosen Nächten resultierende Vermutung vorsichtig mitteilten, stellte sich heraus, dass er ein erfahrener unemotionaler Rechner ist. "Ihr Verwandter hat uns drei Wochen Zeit gespart, spätestens dann hätte ich Ihnen denselben Vorschlag gemacht."

Die Entscheidung fiel an einem Gewitternachmittag, niemand hat es sich leicht gemacht. Baubiologie und Ökologie, ästethische und technische Aspekte wurden anstrengend unemotional unter die Lupe genommen und abgewogen.

Fazit: um nach heutigen, berechtigten Standards zu bauen, wird das Häusle a) seinen Charakter verlieren und b) ebenso teuer wie ein Neubau, der zudem noch ganz andere Chancen bezüglich Ästhetik und Wohnqualität bietet.

Wer den blog hier mitverfolgt hat wird ahnen, dass diese Entscheidung bei Bau(m)herrschaft einen an Schizophrenie grenzenden Perspektivwechsel erfordert. Noch sind wir in der innerlichen Umstellphase. Statt historischer Baustoff-Forschung ist jetzt alles möglich. So es dann dem Baubehördentum gefällt. Das hat durchaus verführerische Seiten und doch überfällt uns immer wieder die Unsicherheit. Es ist für unsere mentale Struktur offensichtlich einfacher, etwas Vorgegebenes umzugestalten als alles neu zu erschaffen. Zumindest fast alles - der Neubau wird jetzt zum Altbau und bleiben. Obwohl viele Projekte in der Bekannt- und Verwandtschaft beweisen, dass Umbauten grundsätzlich teurer werden als geplant und nie aufhören, ihre Herrenschaft zu beschäftigen, haben wir immer noch mehr Mores vor einem Neubau als vor einem Umbau.

So sind wir nach fünf Monaten aus der Umbau(m)herrschaft zur Neubau(m)herrschaft geworden und immer noch etwas fassungslos. Der Architekt entwirft und skizziert, will noch nichts zeigen, springt aber unangekündigt bei bebademantelter Bau(m)herrin zum Kaffee vorbei. Sein Bleistift begleitet in Skizzen seine Erklärungen, dann eilt er wieder von dannen und nimmt die Skizzen mit. Er erzieht Bau(m)herrschaften zu einer bisher nicht gekannten Kompromisslosigkeit. Nach dem Motto: Wenn wir schon dieses wirklich schöne Haus opfern, muss an seiner Stelle etwas noch Besseres kommen.

Inzwischen schlafen wir etwas besser. Beim gelegentlichen Aufwachen wird uns bewusst, dass wir Neubauherren sind. Skizzenlos stellen wir uns die angedachten und -gesprochenen Fitzelchen der Konzeption vor und schlafen fast schon beruhigt wieder ein. Wir kennen inzwischen viele der Häuser, die von ihm gebaut wurden. Und die dazugehörigen Bauherren. Das Beste ist es, ihn möglichst störungsfrei walten zu lassen. Alles, was wir momentan beisteuern können, ist Geduld. Und noch einmal Geduld. Im Jahre 2012 wird der Faden aber dann doch platzen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

NEIN! Habe ich das jetzt RICHTIG verstanden, daß hier demnächst ABGERISSEN und NEU gebaut wird??????? Ich als Stall-Umbauerin fühle mich ein wenig verlassen... Alle bauen nur neu! Schnief. Na gut. Vielleicht muß es ja sein. Trotzdem. ICH möchte jedenfalls nicht in der Situation sein, sowas entscheiden zu müssen. Aber irgendwie verstehe ich es auch - zumal bei uns seit Ewigkeiten nix weitergeht, es zehrt halt doch ganz schön an Kräften, Nerven, Elan, Geld, Zeit, Fantasie... Dagegen so ein Neubau - vielleicht 3 stressige Monate, und ALLES ist FERTIG!! Kaum vorstellbar. Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht! Egal wie - es wird bestimmt toll.

:: Katrin hat gesagt…

Ja Susi, Du hast richtig verstanden. Obwohl es länger als 3 Monate dauern wird, wir bauen kein Fertighaus. Kraft, Nerven, Phantasie etc. benötigen wir auch weiterhin noch eine gute Portion. Immerhin gibt es noch den 'neuen Altbau' und so ein Neubau fällt nicht vom Himmel.

Am schlimmsten ist die Geduld. Ich rupfe mir die Haare einzeln aus, wenn mir die Heißluftpistole in's Blickfeld läuft. Im Bad stehen die Einbautüren, passt der "antike" Klopapierhalter in das neue Haus?

Es klingt seltsam, aber im Vergleich zu Eurem Stall war unser Häusle weder alt noch groß genug.

Wie das Schicksal so will, habe ich gestern erfahren, dass das Haus, in dem ich geboren bin und meine 8 ersten Lebensjahre gelebt habe, demselben Schicksal entgegen sieht. Jahrgang 54 und ähnliche Größe.

Anonym hat gesagt…

Altes Gewand mit zu vielen Löchern bringt neue Mauern ins Spiel. Was man nicht will, weiß man häufig sicherer als umgekehrt.

Kommt auch so wieder gerne mal vorbei, solange nicht unterirdisch gebaut wird und Loch zum Licht zu eng ist: Pu