Mittwoch, 14. März 2007

Blind Date

Heute morgen wurde das dritte Blind Date der Reihe "Mann für's Leben gesucht" absolviert. Da es um die Zukunft geht, natürlich im Häusle.

Aufgeschlossen, Fenster geöffnet (wir wollen uns ja attraktiv darstellen), da dröhnt was auf der Wendeplatte. Schnell aus dem Nähzimmer gelinst - ein schwarzer Porsche! Bau(m)herrin reibt sich die Augen, schaut nochmal. Das ist das erwartete Autokennzeichen.

Eigentlich sollte der Mann für's Leben aus demselben Ort kommen. Bau(m)herrin hatte jedoch letzten Samstag nur eine Möglichkeit, die hohen Töne des Vermittlers am Telefon abzuwürgen: dem Treffen ausnahmsweise zuzustimmen. Und jetzt das: ein Dröhnporsche aus fernen Regionen. Der Hinterkopf darin studiert sein Handy, jetzt legt er es weg. Huch, nix wie weg vom Fenster, da lugt schon ein Turnschuh (Markenware, sogar auf die Ferne erkennbar) aus dem Porsche.

Sicherheithalber versteckt sich Bau(m)herrin im hinteren Wohnzimmer. Muss ganz schnell mal nachdenken... Ein Porsche war nicht vereinbart, der schwarz-weiße Turnschuh wirkt auch nicht vertrauenserweckend…

Lösung: Klingel tut nicht, Klopfen habe ich nicht gehört - wo ist der Stachelrochen? Egal – hinten rausschleichen und im Gartenhäusle verstecken, da hört man ganz sicher kein Klingeln.

Die Klingel tut doch, und zwar ganz schön laut. (Welcher Depp hat die Sicherung eingeschaltet? Ach so, ja, das war ich)

Mann für's Leben-Bewerber entpuppt sich als provinziell angehauchtes und etwas in die Jahre gekommenes Modell aus Gentleman’s Quarterly. Ein wenig abgestandenes Solarium, demonstratives Fitness-Studio, Jeans Marke Bau(m)herrin-unbekannt. Und es riecht im Häusle, ganz anders als üblich. Er nennt mich Frau Mau(b)herrin, beginnt seinen Vortrag und redet…
… und redet…
und redet.

Sein Lispeln stört nicht so sehr wie das Stakkato. Mit wumm und zack und überhaupt wird Bau(m)herrins Lebensplanung umgeworfen. "Äh,...", ich komme nicht zu Wort.

Das ist kein Bewerber, das ist ein... Verkäufer. Ein schlechter, denn trotz Maschinengewehr-Argumentation zielt er genau daneben. "Darf ich kurz...", er redet weiter. Langsam fühlt sich Bau(m)herrin wie im Loriot-Spagetti-Sketch. Lehnt sich an's geöffnete Fenster und überlegt neue Strategie, während Bewerber redet und Zahlen nennt und Bilder zückt und... einen Schritt auf sie zugeht.

Hilfe, der einzige Weg hier raus ist das Fenster im Rücken. Bau(m)herrin zückt die erste verfügbare Waffe: Handy. Sie wählt eine Nummer, der Porschebewerber redet und lispelt und redet. Er ignoriert vollkommen, dass Bau(m)herrin telefonieren will. Handy meldet eine maschinelle Ansage, dann ewiges Läuten. Lässt mich hier alles im Stich?

In der Tasche gewühlt, ha, eine Zigarette. Der Redner macht einen Schritt zurück - Fluchtweg ist frei. Schnell zu Tapetentisch geeilt, Lispelturnschuh läuft hinterher. Immerhin ist der Tapetentisch jetzt zwischen uns. Bau(m)herrin holt tief Luft und fährt in die Parade: "Ich habe mich bereits entschieden. Gründe a., b. und c."

"Aber die meiften fetften d auf a und dann würde ich, ich habe viele gefragt..." Er hört nicht auf. Bau(m)herrin überlegt sich, den Mann einfach stehen zu lassen. Aber ihn im Häusle zurücklassen geht auch nicht.

Bleibt nur der frontale Gegenangriff.

„All Ihre Argumente, außer dem, das ich eben telefonisch erfragen wollte, kenne ich von der Messe Y, die ich kürzlich besucht habe. Offensichtlich hat Firma X große Not, Luftwärmepumpen zu verkaufen.“

„Nicht nur Firma X, auch Firma F und F.“

„Sorry, ich war bei Firma S und F, die konnten mit meiner Entscheidung für Tiefenbohrung gut leben. Darf ich?“
„Waf?“
„Meine Entscheidung begründen?“
„Gerne.“
Endlich.

Ja, Sanitär und Heizung sind die Gewerke für’s Leben. Bei Freunden lief kürzlich die Kanalisation über. Unsere Neubau-Mietheizung gibt regelmäßig an Weihnachten den Geist auf. Nicht immer, nur an eiskalten Weihnachten. Der Wartungsmann kann dann mindestens zwei Tage lang wegen Glatteis nicht kommen. Das sind genau die zwei Tage, die wir der Kälte widerstehen können. Am dritten Tag ist Heizung repariert und Bau(m)herrenschaft deftig erkältet.

Deshalb hat Bau(m)herrin sich vorgenommen, die Herren persönlich kennenzulernen. Der Luftverfechter startet einen letzten Versuch: „Wenn fie einen Porfche kaufen, können fie mit 220 Sachen über die Autobahn düfen. Manche wollen dann noch einen Turbo, der bringt 20 km/h mehr.“ Er nennt eine Eurozahl und rechnet sie auf km/h.
„Hat Ihr Porsche einen Turbo?“
„Wie bitte?“
„Ihr Porsche da draußen.“
„Nein.“

„Ich will einen Turbo, der spart nämlich Energie. Mir ist egal, wie die Kosten heute aussehen, ich sehe in die Zukunft und will so unabhängig wie möglich sein. Effizienz ist das Top-Kriterium bei uns.“

Auf die Turnschuhe musste ich nicht mehr anspielen, ab jetzt waren wir uns (endlich) einig. Dass mein Kriterienkatalog eindeutig und unverrüttelbar Richtung Tiefe und nicht Luft geht. Fast schon war es erschreckend, wie vernünftig er wurde. Er brachte konstruktive Anregungen, lief mit mir durch’s Gütle, notierte, alles ganz so, wie es die mir bekannten Handwerker gemacht hatten. Die zwingende Überdimensionierung der Anlage konnte ich mit Hinweis auf geplanten Kamin abbügeln, bei der Wandheizung beharrte er nur kurz darauf, dass diese mindestens 10 Grad höhere Vorlaufzeit benötige.

Das ignorierte Hilfe-Telefonat ging übrigens an Herstellerfirma X, die unbedingt Luft-Wärmepumpen verkaufen muss. Turbo-Turnschuh meinte nämlich, die berühmte JAZ (oder waren es andere Buchstaben? Er hat mich völlig verschwurbelt) – auf jeden Fall die Kennzahl, die bei Luft ca. 3,2 und bei Sole über 4 beträgt, ohne die Soleumwälzpumpe berrechnet sei. Kann das sein?

Firma X war (zum x-ten Mal) nicht erreichbar.

Fazit: Unsere Pumpe wird nicht von dort kommen. Der Porschebewerber darf an der Ausschreibung teilnehmen, das hat er mit der letzten vernünftigen Stunde wieder hinbekommen.

Beim Abschied fragt Bau(m)herrin nach Kundenreaktionen auf das Auto. Die hielt er nicht für so wichtig. Die Schwäbin in mir denkt sich ihren Teil.

1 Kommentar:

:: Katrin hat gesagt…

Guten Morgen Hendrik,

vielen Dank! Deine website habe ich vor ein paar Monaten ausführlich studiert, als das Haustechnik-Forum mir zu unübersichtlich wurde. Sobald ich weiß, wie man hier verlinkt, wirst Du mit Stefan und Maja auf die Ehrenliste gesetzt - ich verdanke Deinen Infos sehr viel.

Der Porschemann behauptet steif und fest, dass keine JAZ den Stromverbrauch der Sole UWP enthalte. Das seien die Richtlinen von... es klang wie TÜV mit Ö.

Die Heizlastberechnung steht auf dem Plan, ich hätte nur gerne alles aus einer Hand, damit ich nachher nicht anhören muss, dass alles besser wäre, wenn der andere damals nicht... Oder ist diese Vorstellung naiv?

Bis jetzt hatte ich einen von drei Heizungsspezis, der die Anlage nicht überdimensionieren wollte. Auf der Messe war es ähnlich schlimm.

Fläche wurde auch schon angedacht, aber zwei Häuser und (man glaubt es kaum) immer noch viele Bäume. Bisher konnte keiner ein vernünftiges Konzept entwickeln ohne zumindest den Westwald und Teile der Obstbäume zu opfern.

Weiteres zum angedachten Konzept werde ich im blog posten. Vielen Dank nochmals!