Donnerstag abend:
- Tapete, Bodenmaterial (püh), kleine Leisten, Lüftungsgitter, Kabeleien und unzählige Nägel aus Schlafzimmer entfernt
- Tapeten in DG-Zimmern mit Drempeln entfernt
- Ofenstück in Dachraum entfernt, Fliesen intakt
- Türen nummeriert und verstaut
- Fliesenspiegel an bleibenden Wänden in Küche und Bad abgeschlagen
Gestern vormittag zum ersten Mal seit langer Zeit nicht von Vögelein zwischen 5:00 und 6:00 Uhr aufgewacht (-> senile Bettflucht), sondern von Wecker. Versuche, wie gewohnt aus dem Bett zu hüpfen, gestalten sich problematisch. Irgendwas knirscht, was anderes knackt und alle Muskelfasern stöhnen. Endlich in der Vertikalen angelangt, sehen wir uns die Treppe an. Doch, das müsste gehen. Was hatte Ämterhäufungs-Mama gestern gesagt, wann wir die Tapeten-Aktion in ihrem Haus gemacht haben? Wo sind die zehn Jahre hingekommen, die Bau(m)herrins Erinnerung unterschlägt? Ämterhäufungs-Mama hat ein gräßlich effizientes Foto-Archiv, will für die Konfirmation am Sonntag das Schlapphut-Tapezierbild von Bau(m)herrin anno duzemal raussuchen.
Drei Stufen später fühlt sie sich wieder frisch und jugendlich. Denn sie erinnert sich an ihren vortäglichen Sieg in der männlichen Tapeten-Verschwörung: "No Sir, wir machen Tapeten." Zwei Tassen Kaffee später läutet das Telefon. Die Luftpolster-Dame bedauert, der Fahrer sei erkrankt. Unglaublich, wie weit die Herren der Schöpfung gehen, wenn es darum geht, Bau(m)herrinnen von den Tapeten abzuhalten. Na denn, das Lager nicht weit, nur einmal durch die Stadt gekreuzt.
Yes Sir, wir fahren spazieren. Es nebelt wieder, Sophie und Bau(m)herrin begeben sich in's Industriegebiet. Bau(m)herrin klettert über Rampen, sucht so etwas wie ein menschliches Wesen. Möglichst das mit dem seltsamen Namen. Da drüben bewegt sich etwas - schnell hin. Ein Mensch. "Herr seltsamer Name?" "Nein, aber Sie sind sicher Frau Bau(m)herrin." "Yep." "Kommen Sie mit." Bau(m)herrin darf durch unglaublich verbotene Räume marschieren und Transportgut begutachten.
Auf einer neuen Rampe soll sie warten, sieht in der Ferne eine Anhäufung von Menschen. Zigarettenpause. Der einzige Nichtraucher, den wir aufgespürt hatten, läuft auf einen Gabelstapler zu, erklärt ihm, dass Frau Bau(m)herrin da ist. Gabelstapler düst mit Vollgas von Raucherpause weg hinter das Gebäude. Holt jetzt sicher die Luftpolsterfolie. Bau(m)herrin steht in der Sonne, wartet, und wartet.... Endlich kommt Gabelstapler wieder, keine Folie. Fahrer steigt ab, geht zu immer noch voll besetzer Raucherecke und macht sich Zigarette an. Bau(m)herrin nähert sich - oh, wieder ein Herr 'Hilfe ein Kunde'. Eine halbe Stunde später endlich kommt er mit 100 laufenden Metern Luftpolsterfolie anmarschiert. Oh, das ist groß.
Herr Unfreundlich sieht Sophie und schüttelt den Kopf. Bau(m)herrin öffnet das Dach, Herr Unfreundlich kommandiert die Vordersitze nach vorne, gibt Folienberg einen Hieb hier und stopft dort. Ein Grinsen zuckt über die ansonsten abweisende Gesichtslandschaft. Denn Bau(m)herrin hat sich hinter das Steuer gefaltet. Lenkrad in liebevoller Umarmung, Knie kleben links und rechts davon an der Armatur, der Rückblickspiegel befindet sich auf Nasenspitzenhöhe. Macht nix, in dem sieht man nur ein weißes Plastikungetüm. "Fahred se bloß langsam, sonscht hän se den Salaad auf dr Straaß." Ja, danke, meine Fußspitze kommt sowieso nur bis 27,5 km/h...
Bei 15,7 km/h beginnt das Ungetüm lautstark zu flattern. Bau(m)herrin erinnert sich an Radiobericht über ungesichertes Transportgut und verschärfte Strafen. Besser, wir halten das Ungetüm mit der rechten Hand fest, sonst haben wir noch einen 100m langen Brautschleier hinter uns hängen.
Das Wetter lässt uns wie üblich im Stich. Dass wir bei 8 Grad und offenem Dach frösteln, war zu erwarten. Echt fies findet Bau(m)herrin, dass sich der Nebel lichtet und wirklich jeder fasziniert auf sie, Sophie und den aufgerollten Brautschleier starrt. Warum sind am helllichten Vormittag so viele Leute in der Stadt unterwegs? Für die Ampel-Grünphase braucht man Minimum-Tempo 28,0 km/h. Hat Meisterarchitekt gewusst, wie groß 100 laufende Meter Brautschleier sind? Wird diese Fahrt jemals enden?
Uff - angekommen. Wunderwaffe befreit uns vom Brautschleier, bittet die Chefin in's Häusle. Hier hat jemand auf 'fast forward' gedrückt. Jetzt dämmert Bau(m)herrin, warum Wunderwaffe gestern über die langsame Treppenaktion geflucht hat. Neben Wunderwaffe und Rakete läuft noch ein Riese im Schweinsgalopp durch's Häusle. Mit riesigen wandbefüllten Wannen. Ach ja, das ist der Riese, der kürzlich die Douglasienstämme wie Mikado-Stäbchen durch den Garten geworfen hat. Oben erklärt eine weitere bemuskelte Rakete, dass die Balken der Drempel nochmal einen Check durch Architekt/Statiker/Zimmermann benötigen, bevor er sie rausnimmt. Das Mauerwerk ist schon weg.
Bau(m)herrin muss noch mal kurz weg, ist schon zu spät dran, lässt das Dach offen. Immerhin haben wir jetzt 8,5 Grad. Sie überschlägt, was sie anderthalb Stunden später vorfinden wird, ruft Meisterarchitekten an. Dieser beschwört sie, aufzupassen, dass nichts zuviel wegkommt. Die angedachte Lösung: wir werden Rennmaus-Mannschaft in's Untergeschoss vom Neubau umleiten. Mit dem Brautschleier hat Bau(m)herrin die erste Stufe in den Adelsrang erkämpft: wir denken über ein Bau(m)stellen-Auto nach. Nachdem wir Meisterarchitekt überzeugt haben, fehlt jetzt nur noch die Klärung der Feinstaubfrage. Rote Plaketten und Stadtumrundungsrouten mit heimlichen, weil zukünftig verbotenen Anfahrten wollen geplant sein. Wird verschoben, Meisterarchitekt kündigt erste Entwürfe an. Das ist sehr beruhigend, denn hier wird schneller ausgeführt als geplant. Wenn wir nicht aufpassen, hat die Rennmausschaft heute abend schon ihre eigenen Pläne verwirklicht.
Wieder auf Bau(m)stelle steht das Häusle noch. Bau(m)herrin versucht, das Geschehen in Kamera festzuhalten - Bildbericht folgt. Jetzt müssen wir zurück auf Baumstelle, die Tapeten rufen. Heute steht Rauhfaser auf dem Programm - igitt.
*Ämterhaufung: Bau(m)herrin ist zweit-bis viertbeste Schulfreundin, anderthalbfache Exfreundin, Trauzeugin, Tapetenentfernungsgehilfin, Baby- und Elternsitterin und Patentante. Am ersten Geburtstag ihres Patensohnes brachte sie ihr eigenes Kind auf die Welt - das war's dann mit Geburtstagen. Einmal brachten wir es fertig, gemeinsam Weihnachten zu feiern. Jetzt hat Patensohn Konfirmation, endlich eine Gelegenheit, ohne Interessenskonflikt zu feiern.
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