Freitag, 9. März 2007

S 142 B

Noch sind wir nicht im Vollbesitz des Häusles, die Bau(m)herrinnen-Degenerierung nimmt unbeeindruckt ihren Lauf. Gestern meldete sich der Baumarkt-Virus, ausgelöst durch die vom Verkäufer angezeigte Vermisstenliste.
Sehr verehrte Entrümplerschaft, folgende Gegenstände sind im Laufe der letzten Woche abhanden gekommen und werden schmerzlich vermisst:
  1. eine angebrochene Packung äußerst seltener und schwierig zu besorgender Staubsaugerbeutel.
  2. zwei Müllbehälter.
  3. ein Fensterschlüssel, mit dem man den Stoff (Stores? Gardinen?) zwischen den Gläsern entfernen kann.
Sollte entgegen Ihrer uns inzwischen sehr vertrauten Beteuerungen (keiner war's, nicht gesehen...) das neue Spaltbeil des Baumengels beim Sortieren doch noch auftauchen, würden das Ihr Ansehen bei der Bau(m)herrenschaft enorm verbessern. Ungeachtet der Tatsache, dass Sie Ihr ursprüngliches Angebot nachgebessert haben, weil Sie sich verschätzten. Auch werden wir übersehen, dass für den im Pauschalangebot enthaltenen Ofen (UG Neubau) eine weitere Firma beauftragt werden muss...
Hm, weder Verkäufer noch Bau(m)herrenschaft setzen große Hoffnung in diesen Appell. Bau(m)herrenschafts-Einkaufszettel:
  • Staubsaugerbeutel, Marke Henkel, Type S 142 B
  • Mülleimer und -säcke
  • Lampe für Drempel und unbeleuchtete Räume
  • Thermoskanne für Kaffee (Wunsch der Raumfee)
  • diverse Gartengeräte
  • Scotchpads und Viss
Aus Mietheim holen wir Ghettobluster, dann fällt das Putzen leichter.

Der Parkplatz des ersten Baumarktes ist rappelvoll - an einem normalen Donnerstag um 15:00 Uhr. Weiter zum weniger beliebten Baumarkt und den letzten verfügbaren Parkplatz ergattert. Müllsackständer, -säcke und Putzzeug sind unproblematisch. Für die Staubsaugerbeutel an Infotheke: "Wenn die nicht im Regal stehen, gibt es die nicht."
"Die muss es geben, eventuell muss man sie bestellen."
"Gehen Sie zu Werkzeug-Info, unter der Treppe."
An Werkzeug-Info ein Berater der Kategorie 'Hilfe-ein-Kunde'. Ergreift schnell den Telefonhörer, als Bau(m)herrenschaft naht und blickt geschäftig gen Decke. Bau(m)herrenschaft verfolgt interessiert die Maße einer bestellten Tür. Er legt auf, sortiert die Türmaße in einen Stapel, will wieder Hörer ergreifen, da murmelt Bau(m)herrin den Namen des Konkurrenzbaumarktes. Herr Hilfe-ein-Kunde starrt sie an.
"Staubsaugerbeutel Henkel S 142 B?"
"Gibt es nicht."
"Muss es geben."
"In Gang 10 hängt ein Verzeichnis."
Bau(m)herrenschaft läuft zu Gang 10, findet kein Verzeichnis. Zurück zum geschäftigen Herrn Hilfe-ein-Kunde. Bau(m)herrin wartet, vor ihr steht ein Telefon mit Schildchen: "Wenn Sie eine Beratung wünschen, wählen Sie 20." Ob sie dann bei Herrn Hilfe-ein-Kunde ankommt? Sie greift zum Hörer, der geschäftige Herr schaut auf.
"Da ist kein Verzeichnis."
"Wo?"
"In Gang 10 - Staubsaugerbeutel."
"Wieso Staubsaugerbeutel?"
"Sie hatten uns vor einer Minute gesagt, wir sollten dort nach unserem Henkel S 142 B suchen."
Herr Hilfe-ein-Kunde rennt kopfschüttelnd Richtung Gang 10, wimmelt zwei weitere Kunden ab. Bis Bau(m)herrenschaft zum dritten Mal in Gang 10 ankommt, hat er ein zerfleddertes Buch in der Hand.
"Wo hing das denn?"
"Das lag doch da.", zeigt hinter Stapel der Mielebeutel. Logisch, wir hätten erst das Regal von A bis Miele ausräumen müssen, um ein hängendes Verzeichnis dahinter liegen zu finden.
"Henkel gibt es nicht."
"Henkel gab es aber, da muss man doch irgendwo..."
"Gehen Sie zu Marktkauf, die haben bessere Auswahl als wir."
Hier werden Sie geholfen!

Um das klägliche Scheitern zu verarbeiten, schlägt Bau(m)herrenschaft in der Gartenabteilung zu. Kind entdeckt einen Stiel mit tollem Zubehör. Da wir fünf Stiele sparen, nehmen wir noch zwei Päckchen Gartenhandschuhe mit.

Die Schlange an der Kasse ist so lang wie der Parkplatz uns versprach. Eine verbittert blickende Frau rauscht von der Infotheke los, rammt dem Mädchen hinter Bau(m)herrin den leeren Einkaufswagen in den verlängerten Rücken, Mädchen fällt auf Bau(m)herrin. Bau(m)herrin tröstet erschrockenes Mädchen: "Die Lady ist sicher auf der Suche nach S 142 B."

Die Dame mit dem doppelstöckig beladenen Einkaufswagen vor Bau(m)herrenschaft eröffnet Preisverhandlung über Kratzer an einem 4-99-Euro-Hocker. Kassendame darf keine Rabatte geben, das macht nur ein bestimmter Herr an der Dingsbums-Info im Erdgeschoss. Der Rest des Doppelstöckers ist bereits kassiert, Bau(m)herrschaft und Kassendame legen all ihre Energie in drohende Blicke: "wenn Du jetzt wegen eines nicht erkennbaren Kratzers auf einem 4-99-Euro-Hocker..." Kratzerdame geht in die Knie und zahlt.

Abends macht sich Bau(m)herrenschaft auf zum zweiten Schlag. Dieses Mal in einen Elektro-Fachmarkt, denn Bau(m)herrenkind hat überzeugend versichert, dass Ghetto-Bluster nicht mehr funktioniert. Bau(m)herrin denkt an ein kleines transportables Radio, wie sie es aus früheren Baustellen zu kennen glaubt. Rechteckig, schmal mit langer Antenne und scheppernder Baustellen-Klangqualität. Im Fachmarkt angekommen gilt erste Priorität dem S 142 B. Hier klinken sich gleich zwei Beraterinnen in die Diskussion ein. Handy klingelt, Osterurlaub will geplant sein. Bau(m)herrin hat Meisterarchitekt wegen Terminabstimmung nicht erreicht, die Staubsaugerbeutel-Debatte lässt sie eigenmächtig entscheiden, dass Urlaub nötig ist. Wir fahren für fünf Tage. Danke an Bau(m)herrinnen-Schwester, dass sie die Organisation übernommen hat!

Bau(m)herrinnen-Kind hat sich inzwischen von den zwei Beraterinnen überzeugen lassen, dass der Staubsauger auch ohne Beutel funktioniert. Bau(m)herrin denkt an gescheiterte Versuche, den Beutel zu leeren und krabbelnde Spinnen. Andererseits steht da ein Riesenregal mit 50erlei Staubsaugerbeuteln. Die braucht kein Mensch! Der Laden gefällt ihr immer besser.

Nächstes Thema: Thermoskanne. Gibt es hier nicht, aber einen phantastischen Getränkeautomaten. Bau(m)herinnen-Kind liebt heiße Schokolade, dann macht dieses Ding auch noch alle möglichen Cremas, Dröhnungen und Twinning-Tees. Ganz selbstständig, man muss nichts tun, außer ein kleines Fensterchen reiben, wenn der Strichcode nicht lesbar ist. Strichcode-Kaffee. Da sie endlich ihr Radio holen will, startet Getränkeautomaten-Herrin einen letzten Versuch: ob man die heiße Schokolade probieren könne. Nein - kein Vorführgerät vorhanden. Das ist gut, wir nehmen das magische Fensterchenputzgerät.

Endlich darf Bau(m)herrin zu ihrem Radio. Bau(m)herinnen-Kind ergänzt ihre Beschreibung um CD und Kassettendeck.
"Mooment, ich will ein Radio."
"Und Deine französischen Chansons, die so gut zum Häusle passen, weil sie gleich alt sind?"
Überzeugt. Die Soundqualität der vier Geräte ist viel zu wenig schepperig. Wenn schon kein Scheppern, dann doch vernünftiger Sound. Nur eine Spur schepperig, wie das billigste Gerät, das ist ein fader Kompromiss. Irgendwie sehen die aus wie Stachelrochen... Verkäufer führt Bau(m)herrin zu einem Gerät mit konservativerer Gestaltung. Das ist besser. Und doppelt so teuer...

Zurück zur Stachelrochen-Familie. Jetzt will Bau(m)herrinnenkind auf einmal den Kompromis-Schepperer. Kommt nicht in Frage, meine Mono-Chansons scheppern entweder richtig oder garnicht. Uff, geschafft, wir haben einen Stachelrochen.

Lampe ist leider Fehlanzeige, Elektro-Fachmärkte haben nur Leuchtmittel. Lampen kauft man heutzutage entweder im sauteuren Leuchtenstudio, bei Marktkauf oder in Baumärkten.

Unser geliebtes Auto, Sophie, erweist sich erneut als ungeeignetes Bau(m)stellengerät. Bau(m)herrin erinnert sich, Meisterarchitekt zu beschmollen, weil er

a) ein Bau(m)stellenfahrzeug für unnötig hält
b) Sophie in seinen Augen für wirklich überhaupt nichts nützlich sei.

Mit aufgefüllter Sophie und Stachelrochen im Rückblickspiegel fahren wir zur Baumstelle, montieren Müllsackständer, hängen Sack ein (zu kurz) und befüllen ihn mit Tagesration. Beim Staubsaugerbeutel angelangt macht es endlich wieder krawumm. Müllsack liegt auf Boden und gibt Staubwölkchen von sich.

Stachelrochen und Kabamaschine fahren mit in Mietwohnung. Kind will Kaba, aber erst müssen wir zwei Mal den Reinigungspad einsetzen. Ein Teil, das garantiert demnächst verschütt geht, weil wir es auf jeden Fall behalten sollen. Die Maschine blinkt mit ganz anderen Lichtlein als angekündigt, der erste Reinigungstee gelingt dennoch. Beim zweiten wird es komplizierter. Unterdessen philosophiert Bau(m)herrin, dass sie zukünftig die warmen Getränke im Elektrofachmarkt einkaufen wird. Eine Bedienungsanleitung gibt es nicht, das Kaba schaffen wir trotzdem. Kind behauptet, dass es mundet. Bau(m)herrin macht einen grünen Tee, um zu testen, ob er nach Kaba schmeckt. Tut er nicht. Er riecht nach Chemie. Ein vorsichtiger Schluck überzeugt Bau(m)herrin, dass sie noch zwei Wochen später etwas davon haben wird.

Kind findet, dass es jetzt morgens Kaba trinken wird. Nix da, das hier ist ein Baumstellengerät. Mögen Handwerker Jacobs Dröhnung und chemisch präparierte Milch? Immerhin hat Verkäuferin überzeugend versichert, dass die Pads nicht in den Sondermüll müssen.

Erschöpft schläft Bau(m)herrin auf dem Sofa ein. Das Häusle ist beheizt, wir haben noch eine Ladung Staubsaugerspinnen frei, der Stachelrochen schlummert friedlich in seiner Verpackung und morgen früh wird sie Kaba auf Knopfdruck zubereiten. Kurzes Aufschrecken, das wichtigste haben wir vergessen: Viss. Nachbarschaftsladen hat es... Bau(m)herrinnen-Kopf sinkt entspannt zurück in Sofa-Kissen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Guter Freund findet, dass Bau(m)herrenschaft ab sofort Baumärkte testen sollte. Zur Entspannung und Erweiterung des Horizonts.
Wünscht frohes Scheppern mit Chemiegetränkeapparillo: Pu

:: Katrin hat gesagt…

Liebster Pu,

muss mein Horizont wirklich bis zur Wüste reichen? Und auch noch so teuer? *heul*

Mit dem nächsten Baumarktbesuch warten wir einfach, bis Du im Schdätdle bist. Dann sind ja erfahrungsgemäß die Verkäuferinnen konzentrierter ;-)

Wie, Du willst nicht kommen? Tu uns das nicht an, ich werde auch garantiert nicht mehr den Schlüssel vergessen. Inzwischen sind die Räume nämlich groß genug für Dich, wenn auch nicht die Türen...

Wir werden einfach gemeinsam Doing-Polster für die Türrahmen besorgen. Die gibt's garantiert nur in Baumärkten.

Treuherzige Grüße in die Fasnedshochburg *winke*